(ohne zu fragen) hierher-kopiert von Lebendige Erde 4/2006:

Berichte & Initiativen

Bedingungsloses Grundeinkommen in der Landwirtschaft

Bekommt so der Landwirt seine Freiheit zurück?
Gibt es andere Möglichkeiten, Menschen auf dem Land zu halten als "Wachse oder Weiche", das jetzt auch den Ökolandbau erreicht?

Allenthalben liest und hört man von der Kampagne für ein bedingungsloses Grund-einkommen. Keineswegs nur in Deutschland von Prof. Götz Werner und Dr. Benediktus Hardorp, von den Initiatoren "Freiheit statt Vollbeschäftigung" und anderen, sondern auch in anderen Ländern Europas und in Übersee entwickelt sich die Einsicht, dass es - anders als noch vor 50 Jahren - in der Welt vom Grundsatz her keinen Mangel mehr gibt und dass die weltweite Produktivität ausreicht, um allen Menschen ein bedingungsloses Grundeinkommen zahlen zu können, das für ein bescheidenes Leben in Würde ausreicht.

Ein Bio-Bauer in Deutschland lebt zwischen mehreren Mühlsteinen, die seine Existenz bedrohen: Da gibt es seinen konventionellen Nachbarn, der mit Herbiziden und Insektiziden, dank Gentechnik ertragreicheren Sorten (das wird in den kommenden Jahren ein bedeutender Faktor), rationell mit Monokulturen arbeiten kann. Aber auch der Nachbar ist unfrei, weil er wie der Biobauer in Bürokratie erstickt und angewiesen ist auf Subventionen, Beihilfen und andere staatliche Zuwendungen. Ohne die Erfüllung bürokratischer Vorschriften und Prämienwirtschaft kann er nicht existieren. Das kratzt an Ehre und Würde des Berufes.

Zum anderen gibt es die Globalisierung, die sich mehr und mehr auch für die Agrarprodukte durchsetzen dürfen soll. Zuckerrohrplantagen in Brasilien liefern Zucker zu einem Drittel des hierzulande bezahlten Preises. Preise von Getreide, Milch und Ölsaaten werden (noch) künstlich hoch gehalten mit den Abschottungsmechanismen der EU über Importabschöpfung und Exportsubventionen. Und es gibt auch in der Landwirtschaft den Trend wie in der Industrie zu immer größeren Produktionseinheiten durch Maschineneinsatz. Die Schlepper werden immer größer, 250 PS sind gar nichts mehr! Für fast alle Feldarbeiten gibt es immer raffiniertere Maschinen mit Einsatz von EDV und GPS, Garanten für immer größere Mengen bei immer geringerem Bedarf an menschlicher Arbeitskraft.

Ein Blick auf die Folgen zeigt: Immer mehr Menschen werden aus der Landwirtschaft herausgespritzt und wegrationalisiert. Immer größere Einheiten entstehen. Fruchtfolgen werden immer ärmer. Landschaften veröden. Kalamitäten wie Schädlingsplagen, Krankheiten, Seuchen werden bedrohlicher, mit der Konsequenz immer wichtigerer Qualitätskontrollen, die allerdings nicht in ausreichendem Maße durchgeführt werden, weil dem Staat dafür die Mittel fehlen. Der Landwirt verliert mehr und mehr den Kontakt zur Erde und zu den Tieren, weil er zum Spezialisten wird für meist nur ein pflanzliches oder ein tierisches Produkt. Damit verliert er endgültig den Kontakt zum Konsumenten seiner Erzeugnisse.

Heute ist der Landwirt ein Getriebener, gezwungen, möglichst viel zu ernten, wobei die Qualität auf der Strecke bleibt, weil es auf die Menge der standardisierten Erzeugnisse ankommt. Qualität degeneriert zu Quantität. Die Landwirtschaft scheint in eine auswegslose Sackgasse hineinmanövriert, wobei folgende Fehlentwicklungen immer deutlicher werden:

  • immer weniger Menschen können in und von der Landwirtschaft existieren;
  • die Landschaft und die gesamte Umwelt wird wegen der Monokulturen, des hohen Mechanisierungsgrades und des Einsatzes von Chemie mehr und mehr zerstört;
  • die Qualität der Nahrungsmittel verschlechtert sich und parallel dazu erhöht sich der Kontrollaufwand;
  • Nahrungsmittel brauchen immer weitere Transportwege, um vom Produzenten zum Verbraucher zu finden mit all den damit verbundenen auch ökologischen Problemen
Was würde sich mit der Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens in der Landwirtschaft ändern?

Alles! Nehmen wir ein Beispiel, die Familie Ackermann: Das Seniorenpaar wohnt auf dem Hof mit dem aktiven Landwirt, seiner Frau und zwei schulpflichtigen Kindern. Das bedingungslose Grundeinkommen sei festgelegt auf € 800 pro Person und Monat. Das sind bei Ackermanns also € 4.800 im Monat (oder € 57.600 im Jahr). Brauchen sie noch Subventionen, Beihilfen? Nein, denn ihre Konkurrenzsituation hat sich schlagartig geändert: Ackerman junior kann mit seinen Ernten lässig konkurrieren mit dem Rohrzucker aus Brasilien oder Roggen aus Polen, weil sich die Kosten für seine Arbeitsstunde um das Grundeinkommen verringern, egal ob er seine eigene Arbeitsstunde kalkuliert oder die eines deutschen Lohnarbeiters, denn der bekommt ja auch das Grundeinkommen. Er rechnet vielleicht mit € 6 pro Stunde oder noch weniger und kann so leicht mit Gastarbeitern aus Osteuropa mithalten. Und bei dem Farmer in Brasilien kommen die Frachtkosten noch hinzu.

Ackermann kann auch mit der industrialisierten Landwirtschaft konkurrieren, mit Betrieben, die ein oder ganz wenige Produkte erzeugen (Schweine oder Braugerste und Raps), weil die teure Maschinen einsetzen müssen, für die es kein Grundeinkommen gibt und die darüber hinaus noch mit Mehrwertsteuer und Betriebskosten belastet sind. Er kann auch Hilfskräfte beschäftigen, wenn sie Spaß an der Arbeit haben. Da es keine Sozialabgaben gibt und keine Lohnsteuern, stellt sich auch die Frage nach der Schwarzarbeit nicht. Mit Einstellung und Entlassung sind keine Formalitäten verknüpft. Beide, er und sein Arbeiter sind freie Menschen, können frei vereinbaren, wann, wieviel und was gearbeitet wird und was dafür bezahlt wird. Kann man da nicht ins Schwärmen kommen?

Für seine Produkte gibt es einen Markt. Natürlich gibt es auch Konkurrenz, Sicher gibt es auch gute und schlechte Ernten. Gestärkt wird jedoch die regionale Landwirtschaft, weil die Transportkosten anteilig wichtiger werden. Denn mit dem Grundeinkommen werden alle Produkte billiger, da die Personalkosten deutlich sinken. Die Transportkosten bleiben oder steigen mit dem Anstieg der Mehrwertsteuer. Dies wirkt sich auch aus auf die Preise der Spezialisten mit den Monokulturen, weil sie in aller Regel marktfern erzeugen.

Sicher wird er auch dem Staat helfen müssen, indem er die Mehrwertsteuer, die er von seinen Käufern bekommt, an den Staat weiterleitet. Aber für Nahrungsmittel kann der Mehrwertsteuersatz wie bisher niedrig sein. Vielleicht bei 10% - dem "Zehnten", der seit hunderten von Jahren als berechtigte Steuer angesehen wird. Ackermanns Kinder gehen in die Waldorfschule. Da die Erzieher ebenfalls Grundeinkommen erhalten, ist das Schulgeld erträglich, viel geringer jedenfalls als das Grundeinkommen der Kinder. Ackermanns könnten mehr Kinder haben. Und die Großeltern bekommen zwar keine Rente, aber ebenfalls ihr Grundeinkommen (es gibt weder eine staatliche Arbeitslosenversicherung, noch eine Rentenversicherung - also auch keinerlei damit verbunden Belastungen der Arbeitskosten) Und sie helfen freiwillig auf dem Hof, solange sie wollen und können.

Vielseitige, interessante landwirtschaftliche Betriebe mit Ackerbau und Viehzucht werden zu einer echten Alternative zu Großbetrieben mit Monokulturen. Denn die Monokulturbetriebe müssen zwar kaum (durch das Grundeinkommen stark reduzierte) Lohnkosten bezahlen, tragen aber die durch die höhere Mehrwertsteuer belasteten Maschinen- und Betriebsmittelkosten in voller Höhe. Die Schönheit des Landwirteberufes bekommt wieder angemessenen Stellenwert. Und vielleicht wird es auch eine finanzielle Belohnung geben für die Leistungen des Landwirtes für die Erhaltung der Umwelt und der Landschaft.

Die Wirtschaft heute basiert auf der Arbeitsteilung und darauf, dass jeder für die anderen arbeitet und nicht für sich selbst. Das neue System wird im Laufe der Zeit den Egoismus zurückdrängen, man wird Stolz empfinden für das, was man für andere leistet. Und das wird den Ackermanns ganz besonders leicht fallen: Sie erzeugen gesunde Lebensmittel für andere. Die wahre Qualität wird im Vordergrund stehen, und das wird die Basis für den Wettbewerbs sein.

Christoph Eisele, Peter Förster

 

 

Die Idee des bedingungslosen Grundeinkommens

Jeder Bürger, auch Kinder, bekommt monatlich einen festen Betrag, zum Beispiel 800 Euro, aus der Staatskasse. Dafür werden alle Sozialtransfers, also Arbeitslosengeld, Hartz IV und Rente, aber auch die Steuern auf Einkommen abgeschafft, wodurch alle Lohnnebenkosten entfallen. Stattdessen wird der Verbrauch besteuert, zum Beispiel indem die Mehrwertsteuer radikal erhöht wird auf ca. 40-50%. Im Effekt werden die Kosten auf die Arbeit verringert, Maschinen und Kapital werden relativ zur Arbeit teurer. Natürlich gibt es Fragen, auf die noch Antworten gefunden werden müssten: Das Grundeinkommen gäbe es nur für Deutsche, die Bedingungen hinsichtlich Lebensort, Käufen und Steuern, also der Abgrenzung zu Märkten anderer Staaten, wären zu klären ebenso der Modus der Finanzierung. Nötig sind im Beispiel etwa 787 Mrd Euro! Und, wird überhaupt noch gearbeitet ?

Mehr: www.unternimm-die-zukunft.de

Öffentlicher Zukunftskongress am Goetheanum: Grundeinkommen für jeden Menschen - eine Herausforderung für Europa? 29.9. bis 1. 10.2006.
Näheres: www.goetheanum, bzw. Tagungsbüro des Goetheanum, CH- 4143 Dornach, 0041 - 61 706 44 - 44, Fax: -45, tagungsbuero @ goetheanum.ch