Diktatur der WTO oder lebendige Demokratie
von Vandana Shiva, Indien
Dieser Vortrag in der Johanneskirche/Stuttgart am 29. November 2002
war ein Beitrag zum öffentlichen -Teach-In in der Johanneskirche, Feuerseeplatz,
Stuttgart, bei dem neben Vandana Shiva auch Maude Barlow/Kanada, Maria Mies/Deutschland
und die Sängerin Cida Nowotny/Brasilien auftraten.
Der Abend wurde moderiert von Carol Bergin.
Die Veranstaltung war Teil der Reihe "Unsere Welt ist keine Ware" die vom Jugend- und Kulturzentrum Forum 3, ATTAC-Stuttgart, Netzwerk Weltweite Projekte, Netzwerk Initiative Dreigliederung, Initiative Colibri, Kulturzentrum Merlin, Brot für die Welt, getragen wird.
Einführung durch Carol Bergin:
Vandana Shiva hat sich stark gemacht für den Schutz von Saatgut, für den Widerstand gegen das
Stehlen und Manipulieren von Pflanzensamen. Aber nicht nur dass, sie legt auch Samen. Sie ist eine
Widerständlerin, sie ist jemand, der Samen beschützt, und sie ist jemand, der Samen und zwar feurige Samen - in unser Inneres legen kann. Mehr brauche ich, glaube ich, nicht zu sagen. - Vandana!...-
Vandana Shiva: Ich danke Dir, Carol.
Wissen Sie, ich war nicht dazu bestimmt, ein Saatgutretter zu werden. - ich hatte Quantenphysikerin werden sollen. Und vor etwa fünfzehn Jahren, da wurde ich zum ersten Mal mit den Globalisierungsvorhaben der Biotechnologie-Industrie bekannt, welche die chemische Industrie war, die zur Saatgutindustrie wurde, und dann pharmazeutische Industrie - das ist alles eine Gruppe von Industrien, und es gibt etwa fünf davon, die alle unsere Gesundheit, unsere Nahrung, unsere Landwirtschaft, unsere biologische Vielfalt unter Kontrolle haben. Und damals im Jahre 1987 machten sie ihre Pläne, wie sie durch das GATT Rechte an geistigem Eigentum - Patentmonopole
- bekommen könnten - zu jener Zeit gab es noch keine WTO. Wie sie neue technologische Genmanipulationen zu machen hätten, denn Bauern können zwar normales Saatgut bereitstellen, aber nur Großunternehmen würden es manipulieren können. Wie sie durch die Beseitigung jeglicher Beschränkungen bei Monopolen und Fusionen ihre Konzentration und Macht nutzen könnten,
Märkte und unser Konsumverhalten nach ihren Vorstellungen zu formen.
An diesem Tag fasste ich den Beschluss, dass wir unser Saatgut retten müssen. Und wissen Sie, bevor ich die Universität verließ, habe ich immer schon so ein paar Sachen gemacht, Bewegungen unterstützen, ein bisschen Forschung betreiben. Aber dann wurde mir klar, wenn wir das Saatgut retten und Bauern in einem so großen Land wie Indien mobilisieren mussten, war mehr nötig war als meine Wenigkeit. Und ich schrieb dann an eine ganz kleine Geschäftsstelle in der Stadt an "Brot für die Welt" und sagte, dass ich wirklich der Überzeugung sei, dass das Saatgut gerettet werden müsse, und ob sie nicht helfen wollten.
Und seit 1991 ist die ganze Arbeit, die wir in Indien zur Frage der Biodiversität und der Saatguterhaltung geleistet haben, nur durch die Solidarität möglich geworden, die "Brot für die Welt"
und "Navdanyait" diese Bewegung für Saatgut-Erhaltung in Indien, gezeigt haben. Und sehr oft merken wir nicht, wie viel in der heutigen Welt diese langfristigen Beziehungen des Vertrauens und der Solidarität bedeuten - also vielen Dank, "Brot für die Welt"!
In diesen fünfzehn Jahren habe ich gesehen, wie unsere Regierung sich von einem Partner des Volkes zu einem Partner der Konzerne verwandelt hat.
1987, als das Szenario auftauchte, kämpfte die indische Regierung und sagte: "Wir können keine Patent - Monopole auf Saatgut dulden; wir können nicht Rechte an geistigem Eigentum und die WTO zulassen; wir können nicht den freien Handel mit Nahrungsmitteln dulden- das sind keine Handelsgegenstände; wir können keine Investitionsfreiheit haben." 1987 also sagte die Regierung genau das, was wir heute sagen.
Aber heute bewegen sich die Regierungen -Ihre, unsere, ein Land nach dem anderen -ich fürchte, selbst Herr Lula in Brasilien wird es sehr schnell tun -sie bewegen sich so schnell hinein
in den Rahmen des "Es gibt keine Alternative".
Wir wählen unsere politischen Führer. Wenn wir unsere Regierungen gestalten, damit sie eine bestimmte demokratische Willensbildung umsetzen, und sie das nicht tun können, dann geschehen
meiner Ansicht nach ganz klar zwei Dinge:
Eine Diktatur entsteht, und die Demokratie stirbt.
Für mich ist die WTO als die endgültige Diktatur in Erscheinung getreten.
Sie hat Partner: Den IWF und die Weltbank.
Diese sind auch Diktatoren, aber sie diktieren durch das Finanzwesen, und die WTO bringt es fertig, zu diktieren, indem sie unsere Gesetze ändert, ohne dass wir davon wissen, ohne dass die Parlamente davon wissen. Sie schaffen es einfach so unsere Verfassungen zu ändern, ohne eine parlamentarische
Debatte oder eine öffentliche Debatte. Sie versuchen sogar unsere moralischen und unsere ethischen Vorstellungen darüber, was wir als heilig behandeln, zu verändern.
Werden wir den Dollar als heilig behandeln? Oder werden wir die Diversität des Lebens auf diesem Planeten, unsere Flüsse, unser Wasser, unser gemeinsames Leben als heilig behandeln?
Im Dezember 1993 kamen zwei Männer zusammen:
Mickey Canter und der Europäer Leon Britten.
Sie saßen eine Woche lang zusammen, entwarfen einige Vereinbarungen, machten ein paar
Veränderungen, traten hervor und erklärten der Welt:
-Ihr habt einem neuen GATT Abkommen zugestimmt.
Alle anderen Länder standen draußen in den Fluren.
Unter den Vereinbarungen waren Abkommen, die jedes Land dazu zwangen, Leben zu patentieren, jedes Land dazu zwangen, seine Menschen durch Verhungern umzubringen
-das ist es, was tatsächlich passiert-
jedes Land dazu zwangen zu erlauben, dass jede Ressource vom Kapital übernommen wurde.
Und es gibt soviel Kapital in der Welt heute 3 Billionen Dollar werden täglich bewegt -es könnte die Welt 500.28 mal aufkaufen!
Und wenn Kapital die Quelle von Rechten ist, dann können keine anderen Rechte auf diesem Planeten existieren -nicht die Rechte der Arten, nicht die Rechte der Menschen, nicht die
Rechte der Armen, oder der Marginalisierten.
Ich sehe die Globalisierung nicht nur als eine Diktatur an, ich sehe sie als etwas schlimmeres
ich sehe sie an als einen neuen Krieg gegen den Planeten und seine Bewohner.
Ich sehe sie an als einen Terrorismus.
Was ist Terrorismus?
Terrorismus ist die systematische Ausübung von Zwang um Menschen zu terrorisieren.
Was tut das Abkommen über Landwirtschaft?
Es ist die systematische Ausübung von Zwang um Import-Hindernisse zu beseitigen, so, dass die Vereinigten Staaten, Unternehmen wie Cargill und Monsanto, uns zwingen können, unsere Speiseöl-Produktion zu zerstören und wir gezwungen sind gentechnisch verändertes Soja-Öl zu essen.
Was bedeutet das für die betroffenen Menschen?
Für die 10 Millionen Anbauer von Ölpflanzen, die 1 Million kleine Verarbeiter von Ölpflanzen und das ist nur ein Produkt.
In Indien haben wir gesehen wie jede Form von Sicherheit, die wir als unabhängiges Land aufgebaut haben, demontiert wurde. Das letzte Mal, dass Menschen in Indien verhungerten war 1942
- wir standen noch unter den Briten, der Krieg war in Gang, wir lieferten Reis und Weizen für die Kriegsversorgung. Und die Briten zogen so viel von den Produzenten ab, dass diejenigen,
die den Reis produziert hatten, verhungerten.
Und ich erinnere mich, dass in dieser Zeit eine Bewegung entstand und Frauen die führende Rolle darin hatten.
Sie sagten -Jhandi Bhudandi Bonahaii: (-Wir geben unser Leben, aber wir geben nicht unseren Reis-)
2 Millionen Menschen starben 1942. Zum ersten Mal seit damals sind letztes Jahr in Indien Menschen an Hunger gestorben, gerade so wie sie in Südafrika an Hunger sterben.
Weltbank und IWF diktieren: -Ihr dürft euren Bauern keine gerechten Preise geben. Ihr dürft euren Armen keine Unterstützung geben, damit sie Nahrung zu bezahlbaren Preisen bekommen. Das ist Subventionierung und das ist eine Sünde.
Aber man erlaubt, dass diese künstlichen Lagerbestände anwachsen, weil die Menschen die Nahrung nicht konsumieren können, die im Land angebaut wurde und in Indien haben wir jetzt 65 Millionen Tonnen verrottendes Getreide, während Tausende von Menschen verhungern:
Tausende von Menschen!
Wenn diese Lagerbestände wachsen, kommt die Weltbank und sagt -oh, subventioniert Cargill und Pepsi, damit sie zu halbem Preis exportieren.
So exportieren wir alle gegenseitig subventioniertes Zeug, um uns gegenseitig die Wirtschaft zu zerstören.
In diesem Jahr wurde zum ersten Mal gentechnisch verändertes Getreide in Indien angebaut.
Und der Ertrag ist 10% von dem was versprochen wurde.
Die Einkommen wurden halbiert, die Kosten haben sich verdoppelt. Wenn in der Financial Times, oder CNN berichtet wird, ist das kein Bericht über die Realität auf den Feldern der Bauern.
Es ist ein Bericht aus den frisierten Büchern von Monsanto.
So wie die frisierten Bücher von Anderson und Enron und Worldcom, und die Liste geht immer weiter.
Wir wissen jetzt, dass sie ihre Bücher frisieren und wir sollen unser Leben ihren Händen anvertrauen?
Ich denke heute, nach dem Konzern-Desaster, ist es sehr, sehr deutlich geworden, dass sie die Globalisierung nicht nur rein im wirtschaftlichen Bereich vorantreiben können. Sie müssen die Globalisierung vorantreiben als ein Projekt, das durch den Krieg unterstützt wird.
Das ist das Thema, das Maria Mies aufgebracht hat.
Denn ohne diese Kampagne gegen den Terror wären einige Dinge in Indien dieses Jahr nicht geschehen.
Wir hätten keine Änderungen in unserem Patentrecht bekommen, durch die wir gezwungen werden, Patente auf Leben zu akzeptieren. Zehn Jahre lang, solange wir einen freien demokratischen
Raum hatten, haben wir das verhindert.
Dieses Jahr wurden religiöse Konflikte erzeugt, die Kampagne gegen den Terror erzeugte diese neue indisch-pakistanische Spannung.
Neue Probleme zwischen Minderheiten wurden erzeugt, buchstäblich an dem Tag, an dem diese Abstimmungen stattfanden.
Die Bomben und die Abstimmungen im Parlament fanden am selben Tag statt.
Ich nenne es einen Rauchschleier.
Ich nenne es einen Rauchschleier, der uns alle mit den Fragen über religiöse Unterschiede beschäftigt, der Unterschiede aufwirft
-diesen Unterschied, jenen Unterschied -und mit diesem -teile und herrsche drücken sie die Agenda der Globalisierung durch zu einem Zeitpunkt zu dem die Menschen begonnen haben -nein zu sagen.
Weil die Menschen heute so aufmerksam sind und weil die Leute anfangen ihre demokratischen Rechte auszuüben, kommt die Globalisierung versteckt hinter der Kampagne gegen der Terror
auf uns zu.
Die Kampagne gegen den Terror ist buchstäblich der Schutz für die Übernahme unseren Wassers, unserer Nahrung, unseren Saatguts, unserer Schulen, unserer Gesundheitssysteme, von allem, durch die Konzerne
Schaut die Situation an, als in Indien Saatgut in eine Ware umgewandelt wurde und Monsanto anfing, unsere gesamte Saatgutversorgung zu übernehmen, aus dem öffentlichen Sektor, von den
kleinen Farmen, die Saatgutversorgung aller Farmer.
In diesen zehn Jahren sind die Kosten für Saatgut hundert- bis tausendfach angestiegen. Und das neue Saatgut benötigt Chemikalien, es benötigt Pestizide.
Farmer verschulden sich, Farmer begehen Selbstmord weil sie diese Schulden nicht
zurückzahlen können. Sie haben 200.000, 300.000 Rupees Schulden, Bauern, die kein Geld haben. So etwas haben wir nie zuvor in unserem Land gesehen.
Die Privatisierung von Wasser, darüber hat Maude gesprochen.
Nun, wir haben drei Fälle in Indien, die gerade geschehen sind.
Im Staat Orissa einem unserer ärmsten Staaten hat die Privatisierung der Bewässerung die Bewässerungskosten verzehnfacht:
Bauern können ihren Reis nicht anbauen.
Wenn sie ihren Reis nicht anbauen können werden sie verhungern.
Im Staat Kerala fördert die Firma Coke 1,5 Millionen Liter Wasser täglich aus einer Tiefe von 300 Metern, und innerhalb eines Jahres haben sie Flüsse und Seen in diesem Gebiet ausgetrocknet.
Da Wasser in sich verbunden ist, es ist weltweit verbunden, es ist aber auch in den verschiedenen Schichten verbunden, es ist von den tieferen wasserführenden Schichten über die oberen Schichten mit den Teichen und Seen verbunden. Wenn sie also von tief unten absaugen, saugen sie den
Fluss aus, sie bestehlen den Gesamtwasserspeicher.
Vierhundert einheimische Frauen klagten: "Wir haben kein Wasser, unsere Ernten sterben dahin, weil Coke unser Wasser wegnimmt. Und Sie wissen, in Indien haben wir den Ganges, den wir unsere
Mutter nennen, - wir nennen ihn heilig, wir behandeln ihn wie eine Göttin.
Suez - diese Gesellschaft versucht, täglich 635 Millionen Liter Gangeswasser zu bekommen.
Wir haben da eine Bürgerbewegung, die wir sofort, als wir davon erfuhren, aufbauten. Wir gingen durch die Dörfer, und wir erzählten bloß davon, und die Leute sagten: "Aber die Ganga kann nicht verkauft werden, die Ganga ist nicht käuflich."
Und man muss einfach nur solche Informationen benutzen, und ich bin sicher, jede Gemeinschaft wird sagen:
"Aber unsere Schulen sind nicht käuflich - unser Leben ist nicht käuflich, unsere Nahrung ist nicht käuflich."
Darum brauchen wir lebendige Demokratie. Ich glaube, wir brauchen lebendige Demokratie sowohl, um mit den falschen Konflikten fertig zu werden, die erzeugt werden, als auch um unser Leben und unsere Freiheit zurückzuverlangen.
A propos falsche Konflikte - lassen Sie mich nur als Nebenbemerkung erwähnen, dass 1977 in vier Staaten die regierende Partei die Wahl verlor wegen der schlichten Zwiebel.
Die Zwiebel, Sie kennen die Zwiebel, - nun, wir benützen sie viel in unseren Currygerichten, und selbst die Ärmsten haben, wenn sie nichts anderes haben, immer noch eine Zwiebel zu ihrem Chapatti.
Man erlaubte den Export von Zwiebeln in jenem Jahr, und die Zwiebelpreise gingen in die Höhe.
Vorher konnte man ein Kilo für zwei Rupees kaufen, und jetzt stiegen die Preise auf hundert Rupees pro Kilo. In vier Staaten wurde die Regierung abgewählt und die Oppositionspartei gewann. Und die frühere Regierungspartei hatte zwei Möglichkeiten auf der großen
Plenarsitzung an ihrem Parteitag sagten Sie:
"Oh, wir müssen gegen die Liberalisierung und Globalisierung angehen, weil das einen solchen Stress verursacht, dass die Leute gegen uns stimmen. Also stoppen wir die Globalisierung!" Und der Premierminister kam in die Versammlung eingeflogen und sorgte dafür, dass diese Richtung zu Fall gebracht wurde. "Man kann die Globalisierung nicht ändern, und ihr habt trotzdem an die Macht zu kommen und ihr müsst trotzdem Wahlen gewinnen." Und am gleichen Abend explodierten und brannten die ersten Kirchen.
- Für uns ist lebendige Demokratie, dass wir durch diese Zeiten hindurch mit der heute Abend erlebten Freude und der Solidarität überleben.
Für mich ist lebendige Demokratie in erster Linie - eine nicht tote Demokratie. Denn die Demokratie ist sehr tot, wenn alle Politiker ständig dasselbe tun, egal wer sie sind, egal wen wir ins Amt wählen.
Für mich ist lebendige Demokratie auch die Demokratie allen Lebens, es geht um alles Lebendige.
Der Grund dafür, dass wir in dem Schlamassel sind, in dem wir uns befinden, liegt wohl teilweise darin, dass wir uns vom Leben abgetrennt und gesagt haben: "Oh, diese Pflanzen und diese Tiere da, sie haben nicht den gleichen Status." Aber dann könnte man diese Denkweise ausdehnen und sagen, auch die Frauen haben ihn nicht, und die Stammesvölker haben ihn nicht, und die Braunhäutigen haben ihn nicht, und ganz allmählich kommen wir dann in die Situation, dass die Zoellicks
und die Lamys und die Cokes und die MacDonalds und die Monsantos die einzigen verbliebenen Menschenwesen sind.
Wenn wir also unseren Anteil an menschlichem Leben und Demokratie zurückhaben wollen, müssen wir damit anfangen, einen größeren umfassenden Raum der Demokratie allen Lebens zu schaffen, eine Erddemokratie. Und es ist auch eine lebendige Demokratie des täglichen Lebens.
Ich meine, es ist kein Zufall, dass wir hier alle Frauen sind.
Denn wir haben ein verzweifeltes, gieriges Kapital, das versucht zu sagen: "Ich werde Geld aus euren Nahrungsmitteln machen und aus eurem Wasser und aus der Luft, die ihr atmet, und aus den Erbinformationen in den Zellen und aus euren Tieren. Ich werde aus all dem Geld machen."
Und es gibt ein anderes Paradigma für Dienstleistung, es muss nicht das GATS sein. Jenes Dienstleistungsmodell besteht in allem, was Frauen seit jeher für den Lebenserhalt getan haben.
Das ist wahrer Dienst.
Und diese wahre Dienstleistung schafft eine lebendige Wirtschaft, nicht eine Wirtschaft des Todes und des Völkermords.
In einer lebendigen Wirtschaft wird das Leben erhalten, wird das Leben genährt, wird wirklicher Wohlstand hervorgebracht, wird das Wohlergehen des Volkes sichergestellt, werden Bedürfnisse befriedigt, werden Existenzgrundlagen geschaffen.
Nichts hiervon zählt in der Todeswirtschaft, zu der die Globalisierung geworden ist.
Und lebendige Wirtschaft und lebendige Demokratie bringt auch lebendige Kultur hervor. Heutzutage haben wir Kulturen, die zu Kulturen der Furcht verkümmert sind, den Zusammenprall der Kulturen - -"wenn ihr nicht mit uns seid, dann seid ihr gegen uns".
Solch eine elende Verfassung des Menschen, der so sehr in Furcht lebt, zeigt, dass alles sich im Kriegszustand befindet! "Und darum können wir nicht in Sicherheit sein, wenn wir nicht alles
ausrotten" - dies ist das Denkmodell, das uns vorgegeben wird.
Aber wir haben ein anderes Modell, das einer positiven Kultur, das besagt, dass wir in eine tiefere Lebensgrundlage eingebettet sind, dass wir Teil der Schöpfung sind, dass wir unsere Verschiedenheit und jenen weiteren, tieferen positiven Sinn für Identität feiern anstatt der Erfahrung, die besagt: "Wenn ich überleben soll, musst du ausgelöscht werden."
Wenn Monsanto Profite haben muss, dann kann das Saatgut nicht immer von neuem erzeugt werden.
Ich habe über Dialoge mit diesen Unternehmen geschrieben, wo sie die Bienen als unrechtmäßige Pollenräuber bezeichnet haben, dass Bienen Pollen stehlen. Und deshalb müssen sie hybrides Saatgut
herstellen und das Saatgut "begrenzen", so dass die Bienen keine Pollen "stehlen" können. Und sie haben über die biologische Vielfalt gesprochen, die den Sonnenschein stehlen würde, und deshalb müssen sie Chemikalien spritzen, damit durch all diese grünen Sachen auf unseren Feldern nicht der Sonnenschein gestohlen wird.
Können Sie sich eine abwegigere Weltsicht vorstellen, in der man glaubt, die Sonne werde gestohlen, der Pollen werde gestohlen, das Saatgut, das wir bewahrt haben, werde gestohlen?
Dass wir, wenn wir Wasser aus unserem Brunnen trinken, wir Wasser stehlen, dass, wenn wir unsere Kinder in öffentlichen Schulen erziehen, wir Erziehung stehlen, dass, wenn wir uns selbst heilen, Gesundheit stehlen?
In dieser trostlosen, verzweifelten Todeswirtschaft müssen Identitäten zu Identitäten der Angst werden. Und diese bringen das Syndrom hervor: "Du musst ausgelöscht werden,
wenn ich leben soll."
Die Vereinigten Staaten, nachdem sie am Höhepunkt dieser -Angstidentität angelangt sind, stürzen nun die ganze übrige Welt da hinein.
Doch es gibt einen anderen Weg, sich gegenseitig anzuschauen. Und ich denke an diese wunderschöne Vorstellung in Indien, die im Grunde sagt:
-So hami: - "Du bist -darum bin ich."
Das ist die Vorbedingung unserer zukünftigen Arbeit, des Friedens auf Erden, der Nachhaltigkeit und der Gerechtigkeit.
Und der Punkt ist, wir brauchen uns dabei nichts vorzumachen:
"Ihr seid -darum bin ich!"
Ich danke Ihnen.
Erklärungen:
Alle Aktiven auf der Bühne bei dieser Veranstaltung waren Frauen.
GATS: General Agreement on Trade in Services (Allgemeines Abkommen über den Handel mit Dienstleistungen)
IWF: Internationaler Währungsfonds
Pascal Lamy ist EU-Handels-Kommissar und Verhandlungsführer der EU bei der WTO.
Zoellick ist Handelsbeauftragter und Verhandlungsführer der US Regierung bei der WTO